DFG-Projekt DICORD: Disposition des Eisenbahnbetriebs unter Einbeziehung von zufallsbedingten Unsicherheiten im künftigen Betriebsablauf

Beginn/Ende: April 2018 - September 2020

Auftraggeber:

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Projektbeschreibung:

Aufgrund des steigenden Verkehrsaufkommens und der begrenzten Erweiterbarkeit der Infrastruktur werden Eisenbahnnetze, insbesondere in hoch belasteten Bereichen, häufig an ihrer Belastungsgrenze betrieben. Hieraus resultiert, dass Basisfahrpläne anfällig gegenüber Betriebsstörungen sind und die daraus entstehenden Folgeverspätungen die Betriebsqualität verschlechtern. Im Rahmen gängiger Lösungsansätze wurde erkannt, dass zu stabile Fahrpläne die Betriebskapazität des Eisenbahnnetzes inakzeptabel absenken können und Fahrzeitzuschläge und Pufferzeiten im überfüllten Netzabschnitt systematisch nur schwer implementierbar sind. Überdies beziehen konventionelle Dispositionsalgorithmen zukünftige zufallsbedingte Unsicherheiten nicht in den Dispositionsprozess ein. Hierdurch werden praxisgerechte Dispositionslösungen ausgeschlossen, woraus wiederum eine schlechtere Pünktlichkeit und iterative Dispositionshandlungen resultieren. Um dem entgegen zu treten, wurde in diesem DFG-Projekt ein neuer Algorithmus für Echtzeit-Dispositionsprozesse entwickelt, der risikoorientiert zufallsbedingte Unsicherheiten im künftigen Betriebsablauf berücksichtigt.

Grundsätzlich setzt sich der entwickelte Algorithmus aus zwei Prozessen zusammen. Diese sind zum einen die betriebliche Risikoanalyse und zum anderen die Generierung von Dispositionslösungen in einem rollierenden Zeithorizont. Im Rahmen der betrieblichen Risikoanalyse wird ermittelt, wie stark die betrieblichen Auswirkungen sind, wenn realitätsnahe Störungen auf den verschiedenen Blockabschnitten des untersuchten Eisenbahnnetzes auftreten. Als Indikator fungiert hierbei beispielsweise die gesamte gewichtete Wartezeit, die sich im Untersuchungsraum in Folge der Störeinflüsse einstellt. In Abhängigkeit dieses Indikators können die Blockabschnitte klassifiziert und eine betriebliche Risikokarte gezeichnet werden. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse bilden eine wichtige Eingangsgröße für den zweiten Prozess, in dem das betriebliche Risiko eines jeden Blockabschnitts im Zuge der Generierung von Dispositionslösungen berücksichtigt wird. Dazu wird der Untersuchungszeitraum in mehrere Zeitabschnitte unterteilt, ehe anschließend die Fahr- und Haltezeiten der auf dem jeweiligen Blockabschnitt verkehrenden Züge in Abhängigkeit des betrieblichen Risikos verlängert werden, wodurch potentielle Störungen bei der Disposition proaktiv miteinbezogen werden können. Danach wird der sich auf diese Weise ergebende Fahrplan in der Software RailSys simuliert und es wird überprüft, ob Belegungskonflikte innerhalb des betrachteten Zeitabschnitts auftreten. Sofern signifikante Konflikte identifiziert werden, wird unter Zuhilfenahme der Tabu Suche eine nahezu-optimale alternative Zugreihenfolge berechnet und diese dem Betriebsablauf bis zum Beginn des nächsten Zeitabschnitts zugrunde gelegt. Anschließend wird zu Beginn des neuen Zeitabschnitts erneut nach Konflikten gesucht und die beschriebene Vorgehensweise wiederholt, bis der Untersuchungszeitraum endet.

Im Rahmen eines Referenz-Szenarios wurde die Wirksamkeit des entwickelten Dispositionsalgorithmus ausführlich untersucht. Hierbei zeigte sich, dass er eine gute Balance zwischen Betriebsqualität und Kapazität bietet. Bei Vergleichen mit anderen Dispositionsstrategien, wie dem First Come First Serve-Prinzip, konnte eine um mehrere Prozentpunkte gesteigerte maximale Leistungsfähigkeit festgestellt werden.

Ansprechpartner

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Ullrich Martin

Prof. Dr.-Ing.

Direktor des Instituts für Eisenbahn- und Verkehrswesen

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Markus Tideman

M.Sc.

Studiengangsmanager Verkehrsingenieurwesen, Akademischer Mitarbeiter

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